NO MILK TODAY? – DIE MILCHKONTROVERSE

Die Milch ist ein viel diskutiertes Lebensmittel. Die einen sagen, sie sei gut und wichtig für unsere Knochen, die anderen proklamieren sie als gesundheitsschädigend oder finden sie überflüssig, da sie für das Stillen von Kälbchen bestimmt sein sollte und nicht für den Menschen. 

Fakt ist, dass der Mensch in der Tat das einzige Lebewesen ist, das auch nach dem Abstillen – Milch trinkt. Und die ist nichts anderes als die Muttermilch einer Kuh für ihr Kälbchen. 

Auch wenn Milch reich an Calcium und anderen Mineralstoffen ist, so ist Kuhmilch faktisch kein Grundnahrungsmittel, das wir zu uns nehmen müssen, um gesund zu leben. Die wichtigen Nährstoffe aus der Milch bekommen wir auch aus anderen Lebensmitteln.

Der Verzicht auf Kuhmilch ist für einen Großteil der Weltbevölkerung sinnvoll. Denn rund drei Viertel aller Menschen weltweit sind laktoseintolerant: Ihnen fehlt das Enzym, das Laktose im Körper verarbeiten kann. Die sogenannte Laktase. In diesem Fall kann Milchkonsum zu Bauchschmerzen, Blähbauch, Durchfall und Blähungen führen.

Das wichtige Enzym Laktase geht uns übrigens erst mit der Zeit verloren. Als Babys besitzen wir es noch und können dadurch die Muttermilch unserer Mutter wunderbar verzehren. Interessanterweise geht Europäern die Laktose weniger stark verloren als dem Rest der Weltbevölkerung. Nur rund 30 Prozent der Erwachsenen leider unter einer Laktoseintoleranz. Und nur ca. 1 % hat einen Milchallergie.

Ist Milch schädlich? 

Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Denn die Datenlage ist nicht eindeutig. Fakt ist: Milch enthält ein Wachstumshormon namens IGF-1 (Insulin-like Growth Factor). Dieses kommt auch auf natürliche Weise im menschlichen Körper vor, um das Wachstum unserer Zellen zu pushen.

Dies macht vor allem im Kindesalter und in der Pubertät Sinn. Unser Körper sorgt darum automatisch für eine höhere Konzentration dieses Hormons in dieser Lebensphase. Wer Milch trinkt, nimmt mehr von diesem Wachstumshormon auf und treibt so die Wachstumsprozesse voran. Untersuchungen haben gezeigt, dass Milchtrinker größer werden. Die Konzentration von IGF-1 liegt damit rund zehn Prozent höher als bei Menschen, die keine Milch trinken. Was uns in er Wachstumsphase dienlich ist, kann für ausgewachsene Personen kontraproduktiv sein. Zwar regenerieren und erneuern sich unsere Zellen in jedem Moment in unserem Körper, doch ein starkes Zellwachstum ist für diese Prozesse nicht zwingend notwendig. 

Die Wachstumshormone beschleunigen Zellteilung und fördern die Zellvermehrung. Für Menschen, die an einem wachsendem Bizeps arbeiten, ist dieses Hormon eine tolle Sache. Doch das Hormon hat auch eine Kehrseite. Denn es regt nicht nur die Guten, sondern auch mit unter Zellen zum Wachstum an, die im Laufe unseres Lebens (z.B. durch Umwelteinflüsse, falschen Lebensstil oder oxidativen Stress) geschädigt wurden oder sich in ihre Funktionsweise verändert haben. Daher hält sich auch im Lager der Milchgegner das Argument, dass Milch durch seine Wachstumshormone das Risiko für Krebserkrankungen erhöht. Hierfür gibt es aber bis lang noch nicht genug Beweise – um diesen Fakt 100% zu belegen. 

 

Und was ist mit dem Calcium? 

Das Hauptargument für den Verzehr von Milch ist die These, dass Milch für starke Knochen sorgt, da es ein guter Calciumlieferant ist. Ein Blick auf die Datenlage jedoch relativiert diese Aussage. Einige Daten besagen, dass in Ländern, in denen traditionell wenig Milch getrunken wird, weitaus weniger Ostereoporosefälle vorliegen als in Ländern mit einem hohen Milchkonsum. Einige Untersuchungen kommen sogar zu der Schlussfolgerung, dass Milch das Risiko für Knochenbrüche erhöht, statt es zu senken. Da die Datenlage hier jedoch nicht eindeutig ist und es auch widersprüchliche Studien gibt, sollte man beide Meinungen kritisch hinterfragen. 

Eins steht jedoch fest:

Um Calcium aufzunehmen, braucht es keine Milch. Grünes Blattgemüse, Broccoli, calciumreiches Mineralwasser können den Calciumbedarf decken, wenn wir die richtigen Lebensmittel in unseren Speiseplan einbauen. Auch fermentierte oder langgereifte Produkte wie Joghurt und Käse sind gute Quellen. Viele dieser Produkte sind durch den Fermentationsprozess und die Reifung arm an Laktose und dadurch sehr viel besser verträglich als klassische Kuhmilch. 

Ob Milchtrinker oder nicht – es Sache gilt es für gesunde Knochen unbedingt zu beachten: Calcium braucht Vitamin D und Magnesium. Denn Calcium kann aus der Nahrung nur dann richtig verwertet werden, wenn gleichzeitig auch ausreichend Vitamin D und Magnesium zur Verfügung stehen. Literweise Milch zu trinken – ohne ausreichend Sonne oder magnesiumreiche Nahrungsmittel wie z.B. Nüsse und Gemüse – kann somit keine starke Knochen erzeugen.

Wie wirkt Milch auf die Darmgesundheit? 

Studien haben gezeigt, dass eine gute Calciumversorgung positiv auf die Darmgesundheit auswirkt und das Darmkrebsrisiko nachhaltig reduziert. Diesen Effekt kann man mit einer moderaten Mengen an Milch (200 ml+) pro Tag erreichen, aber eben auch genauso gut, durch eine vegane calciumreiche Ernährungsweise. 

Was hingegen gegen die Milch spricht, ist dass sie viel der sogenannten D-Galactose enthält. Eine Zuckerart, die für Zellschäden durch oxidativen Stress, chronischen Entzündungen und eine Schwächung der Immunabwehr von Forschern in Verbindung gebracht wird. Um zu schauen, in wieweit diese These haltbar ist, bedarf es weiterer Studien.

Das Gute ist jedoch: Dass dieser Zucker bei der Fermentation zu einem großen Teil abgebaut wird. Darum würde ich euch – zur Sicherheit – eher den Verzehr von Joghurt, Quark oder lange gereiften Rohmilchkäsesorten ans Herz legen. Diese bringen zudem noch den Vorteil mit, dass sie reich an probiotischen Kulturen sind und damit einen Beitrag für eine vielfältige Bakterienzusammensetzung im Darm leisten.

Für alle, die Laktose nicht richtig enzymatisch aufgespalten können, ist der Verzehr von Milch ohnehin nicht zu empfehlen. Für sie wird der Verzehr zu einer echten Belastung für den Darm und kann das Mikrobiom bei seiner Arbeit stören.

Auch wenn die Datenlage nicht 100% eindeutig ist, würde ich auch den Aspekt der Wachstumshormone mit Vorsicht genießen. Wenn wir Milch nur in geringen Mengen wie zum Beispiel einen Schuss im Kaffee genießen, müssen wir uns keine Gedanken darum machen. Große Mengen jedoch können unseren Hormonhaushalt und unser Zellwachstum aus dem Gleichgewicht bringen. Darum würde ich davon Abstand nehmen.

Ein weiterer schädlicher Aspekt der Milch für die Darmflora, ist die Art der Fütterung, der viele Milchkühe immer noch ausgesetzt sind. Genmanipuliertes Getreide, Mastprobiotika und Antibiotika werden vielen Tieren verabreicht – wenn sie nicht in strenger kontrollierter Bio-Aufzucht leben. Diese Stoffe sind – auch wenn sie nur in geringen Mengen vorhanden sind – immer noch in der Milch zu finden und können so Einfluss aus unser Mikrobiom nehmen. Insbesondere wenn wir viel Milch (nicht Bio) verzehren. 

Die wertvollen Stoffe, die uns die Milch schenkt, wie Calcium oder Proteine finden wir zudem auch in anderen Produkten, die ohne Wachstumsfaktoren und D-Galactose auskommen. Darum empfehle ich im Bereich der Milchprodukte lieber auf pflanzliche Calciumquellen zurückzugreifen.

Dies kommt auch dem Tierwohl und der Umwelt zu Gute. Denn für die Produktion von Milch müssen Kühe dauerhaft trächtig sein, was für das Tier eine enorme Belastung ist. Zudem werden Kuh-Mutter und ihren Kälbchen getrennt, damit die Milch für den Verbraucher genutzt werden kann. Moralisch auch nicht so schön. 

Zudem ist es wirklich denkbar einfach geworden auf pflanzliche Milch auszuweichen. Von Hafer- bis Sojamilch ist alles verfügbar. Und die geschmackliche Qualität dieser Produkt wird auch immer besser. Auch mit Blick auf den CO2-Fußabdruck und den Wasserverbrauch lohnt sich ein Wechsel auf pflanzliche Milchvarianten. Hier punkten insbesondere die Sojamilch und Hafermilch. Durch entsprechende Zusätze enthalten sie mittlerweile ähnliche Mengen der Nährstoffe, wie wir sie in klassische Kuhmilch finden. Um seine Calciumbedarf auf jeden Fall zu denken, empfehle ich auf eine zusätzliche Calcium-Anreicherung zu achten. Diese sind oft vorne auf den Packungen extra vermerkt.

Um möglichst natürliche Produkte – die frei von Konservierungsstoffen und Zusätzen sind –zu kaufen, empfehle ich euch bei den unterschiedlichen Pflanzenmilchherstellern immer auch einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen. Je weniger Zutaten desto besser. Meine favorisierte Marke ist Provamel. Man findet sie in gut sortierten Bio-Läden und vielen größeren Supermärkten und Drogerien.

Wer seine pflanzliche Milch selbst zubereiten möchte, um sicher zu gehen dass keine Konsvervierungsstoffe im Spiel sind, für den habe ich hier das wohl einfachste Rezept der Welt für Pflanzenmilch vorbereitet. Du findest es unter meinen Rezepten und zwar hier. 


Quellen:

  • https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Milch-macht-wohl-doch-nicht-so-munter-241596.html

  • https://www.wcrf.org/sites/default/files/Meat-Fish-and-Dairy-products.pdf

  • https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/News/Dateien/Ernährungsphysiolog-Bewertung-Milch-Milchprodukte.pdf

  • https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2018/02_18/EU02_2018_WuF_Pfeuffer_Literatur.pdf

  • https://academic.oup.com/ajcn/article/105/6/1502/4569778

  • https://www.journals.elsevier.com/annals-of-oncology

  • https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20949604/

  • https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/ijc.28840

  • https://cebp.aacrjournals.org/content/15/2/364.long

  • https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ijc.2910630104?sid=nlm%3Apubmed

  • https://www.bmj.com/content/349/bmj.g6015

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  • https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23572415/

  • https://journals.plos.org/ploscompbiol/article?id=10.1371/journal.pcbi.1000491

  • https://www.thelancet.com/journals/langas/article/PIIS2468-1253(17)30154-1/fulltext

  • https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3759377/pdf/pone.0072715.pdf

  • https://academic.oup.com/ajcn/article/106/2/597/4557638?sid=3c61dcf3-669a-4730-9818-b9503ae0b51b

  • Bas Kast, Der Ernährungskompass: Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung. 2018, C. Bertelsmann Verlag

  • Campbell, T. C./Campbell, T. M.: The China Study: The Most Comprehensive Study of Nutrition Ever Conducted and the Startling Implications for Diet, Weight Loss and Long-term Health 2006, Benbella Books